“Die streitenden Hofweiber”
Im obersten Lammertal stehen nur mehr wenige Bauernhöfe. Karg ist der Talboden hier schon geworden und unvermittelt ragen die Gipfel des Tennengebirges in den Himmel. Nur mehr wenig Wald trennt die Hochregion vom Talboden. Dort stehen als letzte Bauern im Tale noch die beiden Hofhäuser, zwei stattliche breite Bauernhöfe. Eng stehen die Gehöfte beieinander, sie sind ja auch aus nur einem Hof “Lammerthal” hervorgegangen. Zwei Höfe in enger Nachbarschaft geben sich gegenseitig Schutz und Hilfe, aber die Nähe gibt auch Anlaß zu mancherlei Streit. Da gibt es Hühner und Kinder auf Bauernhöfen und die kümmern sich wenig um genaue Besitzgrenzen. Man kann kleine Reibereien mit gütiger Nachsicht bereinigen, und der Nachbar wird es das nächstemals auch so halten, aber ein spitzes Wort, über den Zaun geworfen, kommt drüben als böse Saat an und keimt und sprießt und wird zum Baum mit bitteren Früchten, die zu beiden Seiten des Zaunes zu Boden fallen. Es sind vor allem die Frauen, die im engen häuslichen Bereich sich von solchen Früchten nähren, bis sie ganz davon erfüllt sind.
So hielten es auch einst zwei Bäuerinnen auf den Höfen im Lammertal. Die Wände des Tennengebirges hallten wider vom lauten Streit der Bäuerinnen. “Hofweiber” wurden sie von den Nachbarn verächtlilch genannt und im weiten Umkreis sprach man davon und mied die bein Höfe. Die Feindschaft stank schon zum Hilmmel. Schließliche erbarmte sich Gott dieses Jammers und setzte die beiden verfeindeten Hofweiber hinauf auf den Hofschober hinter den beiden Hofhäusern. Dort stehen sie nun als kahle Felsen, in der Nachbarschaft zwar, aber stumm für alle Ewigkeit.