Der Advent und die Weihnachtszeit im Lammertal vor fast einem Jahrhundert
Wie war die Advent- und Weihnachtszeit bei uns am Land vor ca. 100 Jahren? Welche Bräuche gab es? Was wurde gegessen? Was wurde zu Weihnachten den Kindern geschenkt? Wie wurde der Christbaum geschmückt? Gab es schon den Nikolaus und Krampusse? Wie sah der Adventkranz aus? Alt-Bäuerinnen (im Alter zwischen und 80 und 90 Jahren) und deren Kinder haben mich in diese Zeit einblicken lassen.
Rauchnächte & kleine Schwindeleien
,,Rauch ‘n gehen‘‘ (= Räuchern) in den drei Rauchnächten um böse Geister zu vertreiben und für ein gutes neues Jahr zu beten.
Am 24. Dezember: Nachdem die Kühe im Stall versorgt wurden, mussten alle Personen die am Hof lebten, im Haus und Stall von Raum zu Raum gehen. Der Hausherr ging mit der Räucherpfanne und mit Weihwasser voraus. Es wurde dabei der Rosenkranz gebetet. Außer die Bäuerin (Hausmutter) sagte zu den Kindern, sie musste jetzt das Abendessen machen. In Wahrheit hat sie in dieser Zeit den Christbaum geschmückt und die Geschenke vorbereitet.
Am 31. Dezember in der Silvesternacht überlegte sich der Bauer und Hausherr eine besondere List. Er erzählte seinen Kindern sie sollen um Punkt Mitternacht in den Stall gehen, denn dann könne man allen Tieren beim Reden zuhören. ,,Das taten sie nur zu Silvester!‘‘, schwindelte er den Kleinsten vor, um auch etwas Ruhe und Zweisamkeit in dieser Nacht zu genießen.
Auch am 6. Jänner zum Fest der Heiligen Drei Könige wurde und wird heute noch traditionell wie zu Weihnachten und Silvester geräuchert.
Zum originalen ,,Rauch ‘n gehen‘‘ nimmt man die heiße Glut aus dem Holzofen legt diese in die Räucherpfanne. Man streut Weihrauch und fein zerhackte Kräuter darauf. Die Kräuter wie Alpenrose, Kranewittern (= Wacholder), Arnika, Johanniskraut, Schafgabe und viele andere sind im Sommer und Herbst gesammelt und getrocknet worden. Hatte man damals Weihrauch und Myrrhe nicht zur Hand, hat man dafür getrocknete Harze wie Fichtenharz, Kiefernharz und Tannenharz verwendet.
Das Räuchern Wirkt im Allgemeinen desinfizierend und stimmungsaufhellend.
Der Rosenkranz
Schon vor langer Zeit begannen die Menschen mit Hilfe einer Gebetsschnur zu beten. Später nannten sie es den Rosenkranz. Er besteht immer aus einem Kreuz und 59 Perlen.
In der Advents- und Weihnachtszeit wurde der Freudenreiche Rosenkranz gebetet. Dieser beinhaltet 5 freudenvolle Geheimnisse:
Den du, o Jungfrau, vom Heiligen Geist emfangen hast;
Den du, o Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast;
Den du, o Jungfrau, zu Bethlehem geboren hast;
Den du, o Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast;
Den du, o Jungfrau, im Tempel wieder gefunden hast.
Das Festmahl zu Heilig Abend
Zum Frühstück gab es selbst gebackenes Brot mit Butter und Marmelade. Klingt für heutige Verhältnisse recht einfach, so war doch damals Marmelade und Butter kostbar und manchmal gar ein kleiner Luxus.
Zu Mittag gab es ,,Bladl-Krapfen‘‘ mit Sauerkraut. ,,Bladl-Krapfen‘‘ sind aus Mehl, Wasser und Salz und werden als dünne Scheiben (=Bladl) in Fett gebacken.
Beim Abendessen nach dem obligatorischen Räcuhern gab es den sogenannten ,,Tunkschlegl‘‘. ,,Tunk‘‘ ist Schlagobers, ,,Schlegl‘‘ ein helleres Brot ähnlich einem Kuchen, gemacht mit Germ und Rosinen.
Nach der Mette (Kirchzeit um Mitternacht) ist man nach Hause gegangen und hat ca. um 1:00 oder 2:00 Uhr die Mettensuppe, eine traditionelle Fleischsuppe, gegessen. Ein weiterer kleiner Luxus, denn Fleisch hatte man nur bei besonderen Anlässen wie Hochzeiten, Firmen, Totenessen und eben zu Weihnachten bekommen.
Am anschließenden Weihnachtstag gab es dann die „Völlerei“. Es gab reichlich zu Essen: Suppe und deftiger Schweinebraten, Lebkuchen, Kletzenbrot (ein Brot mit reichlich Dörrfrüchten) mit Butter und viele andere heimatliche Schmankerl.
Vorweihnachtszeit mit den kleinen traditionellen Weihnachtsmärkten in der Umgebung
Die Kirchzeit
Früher war es Pflicht jeden Sonntag in die Kirche zu gehen. Zusätzlich ging man am 24. Dezember zur Mette um Mitternacht, dann zur Messe am Weihnachtstag um 9:00 Uhr Vormittag und am Stefanitag, den 26. Dezember, zur gleichen Zeit zur Stefanimesse.
Am Stefanitag wurde ,,Zewebn‘‘-Brot/Kletzenbrot angeschnitten, der sogenannte „Scherzschneider“. Der Göd (Pate) ist mit einem kleinen Geschenk zu Besuch gekommen. Nur er durfte beim Kletzenbrot (üblicherweise von der Bäuerin gebacken) den 1. Scherz (das 1. Stück) anschneiden. Kletzenbrot ist ein dunkles Brot mit viel getrockneten Früchten (Birnen, Äpfel, Rosinen) und Nüssen.
Der Nikolaus und die Krampusse
Am fünften Dezember hatte der Nikolaus mit seinen Krampussen, zu Fuß und nicht wie heute mit dem Traktor, von Hof zu Hof die Kinder aufgesucht. Er hat für jedes Kind einen Teller mit einem Lebkuchen-Nikolaus, Nüssen und Äpfeln mitgebracht. Der Nikolaus hat mit diesem Geschenk die guten Taten gelobt. Doch waren die Kinder das Jahr über nicht artig, so hatten die Krampusse schon mal mit der Rute gedroht und mit einem tiefen ,,grrrr!‘‘ und Gebrüll die Kinder erzittern lassen.
Kekse backen
Damals wurden wie auch heute Kekse, wie Lebkuchen, Kokosbusserl, Vanillekipferl und Maschinenkekse. Naschen vor Weihnachten war aber damals nicht erlaubt. Nur Bruchstücke konnte man heimlich stibitzen.
Die beliebtesten Weihnachtskeksrezepte bei uns am Lämmerhof
Unterhaltung am Hof
Am Bauernhof lebten damals viele Personen auf engstem Raum. Großeltern, Eltern, Kinder (Anzahl damals meist zwischen 6 und 14 Stück!), Mägde und Knechte. Daher gab es am Hof nie Langweile. Es wurde gespielt, gesungen und musiziert, falls jemand ein Instrument besaß, was damals auch etwas Besonderes war. Strom hat es am Land vor den 30er Jahren noch keinen gegeben. Man hatte Kerzen aus Schweinefett und Bienenwachs oder Petroleum-Lampen verwendet. Man ist im Winter sehr zeitig, zwischen 19:00 und 20:00 Uhr, schlafen gegangen und bereits um 5:00 Uhr morgens aufgestanden.
Geschenke am Heilig Abend
Die Geschenke sind für die Kinder spärlich ausgefallen. Nur das nötigste wurde zu Weihanchten verschenkt: Unterhosen, Unterhemden, Strumpfhosen, Socken, Handschuhe, Mützen – fast alles noch von der Familie selbst gestrickt. Wenn der Vater schnitzen konnte und mit Holz gearbeitet hat, dann gab es Schlitten, Ski, Puppen oder Tiere aus Holz, Holzspielzeug oder Brettspiele wie Fuchs und Henne.
Baumschmuck, Dekoration und der Adventkranz
Der Christbaum wurde natürlich im hauseigenen Wald gefällt und mit selbstgemachten Strohsternen, Äpfeln und Nüssen geschmückt. Bunte Glaskugeln und Eislametta gab es erst in den 50er Jahren der Nachkriegszeit zu kaufen. Die Eislametta (= geschnittene Alufolie) gab es nicht nur in Silber sondern auch bunt. Das Lametta wurde vom Baum behutsam abgenommen und für das nächste Jahr wieder verwendet. ,,Zuckerl‘‘ (=Bon Bons) wurden im bunten Staniolpapier (=Aluminum-Papier) mit Fransen eingewickelt und mit Fäden an den Baum gehängt. Echte Kerzen sind am Weihnachtsbaum befestigt worden. Bei der Bescherung wurden sie angezündet und bis zum ,,Kirchen gehen‘‘ (Mette um Mitternacht) sind sie sowieso komplett niedergebrannt, so konnte nichts passieren.
Mit Tannengras wurden die Heiligenbilder und der Herrgottswinkel (= im Wohnbereich hing das Kreuz mit Jesus an der Wand im Eck) dekoriert. Damals gab es an den Wänden ja nur Bilder von Heiligen oder selbstgestickten Wandbehang mit Gebeten oder Sprüchen.
Der Adventkranz wurde selber gebunden aus Tannengras, Ton, Eibengras und mit 4 dünnen Kerzen bestückt. Die Kerzen waren nicht so groß und dick wie heute, sondern gut die Hälfte davon. Die Kerzen hatten verschiedene Farben. Die 1. Kerze die man angezündet hat war lila, dann folgte rot, dann rosa und zum Schluss die 4. Adventkerze in Weiß. Dies symbolisierte den Weg von dunkler Finsternis zur hellen Erleuchtung, der Geburt von Jesus Christus.
Man darf nicht vergessen: die Kerzen wurden damals vom Pfarrer vorher geweiht und der Kranz stand nicht am Tisch, sondern hing mit Bändern befestigt von der Decke.
Bis zur Lichtmesse am 2. Februar ist der Christbaum stehen geblieben. Danach ist alles Weihnachtliche entfernt worden.
Ein kleines Resümee der Autorin
Es hat mir viel Spaß gemacht diese Informationen zu sammeln. Das gemütliche Beisammensitzen am Tisch und die vielen Geschichten die dabei noch erzählt wurden hat meine vorweihnachtliche Stimmung versüßt. Sogar meine Tochter hat den Erzählungen aufmerksam zugehöhrt. Man lernt zu Schätzen wie gut es uns doch in der heutigen Zeit geht und das viele Vergessene wurde wieder zurück ins Gedächtnis geführt.
Wir freuen uns schon wieder auf eine besinnliche Weihnachtszeit mit unseren Gästen bei uns im Berghotel Lämmerhof und wünschen allen Leserinnen und Lesern unserer kleinen Weihnachtsgeschichte ,,Weihnachten vor 100 Jahren am Lämmerhof” ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr!